Die erste Übung wird "Fo Zhan Qian Shou Fa " (Buddha streckt Tausende von Händen aus) genannt. Wie der Name besagt, ähnelt sie dem Buddha oder der Guanyin mit ihren tausend ausgestreckten Händen. Doch werden wir selbstverständlich keine Tausende von Bewegungen machen. Zum einen wärst du nicht imstande, dir all diese Bewegungen zu merken. Zum anderen würden so viele Übungen dich auch total erschöpfen. Der Sinn der Übung wird durch die acht einfachen Grundbewegungen zum Ausdruck gebracht. Durch sie werden Hunderte von Meridianen des Körpers geöffnet. Ich erkläre euch die Aussage, dass man sich in unserer Schule bereits von Anfang an auf einer sehr hohen Ebene kultiviert: Wir öffnen nicht ein oder zwei Meridiane oder den Ren- und den Du- Meridian oder die besonderen Kanäle und acht Meridiane, sondern wir öffnen gleich zu Beginn Hunderte von Meridianen und bringen sie in Bewegung. Aus diesem Grund praktizieren wir von Anfang an auf einer sehr hohen Ebene.
Bei dieser Übung soll man sich dehnen und dann wieder entspannen. Die Bewegungen der Hände und Füße müssen gut koordiniert werden. Durch das Dehnen und Entspannen werden alle Körperzonen, die blockiert sind, frei gemacht. Natürlich kann die Übung diese Wirkung nur dann hervorbringen, wenn ich dich mit einem Energiemechanismus ausstatte. Man soll sich ganz langsam dehnen, bis der ganze Körper seine Endposition erreicht hat. Das kann sich sogar so anfühlen, als ob dein Körper auseinandergerissen würde. Beim Dehnen hat man den Eindruck, als ob man sehr groß wäre. Diesen Vorgang soll man aber nicht mit Gedanken begleiten. Die Lösung der Spannung soll plötzlich erfolgen, wenn die zu dehnenden Körperteile ihre Endposition erreicht haben. Das Ganze funktioniert wie ein Beutel voll Luft: Wenn man ihn fest zusammendrückt, wird die Luft hinausgepresst. Lässt man die Hände locker, wird die Luft wieder hineingezogen. Der Beutel füllt sich wieder; neue Energie wird aufgenommen. Unter der Wirkung dieses Energiemechanismus werden auch die Körperzonen, die verstopft sind, durchlässig gemacht.
Beim Dehnen drücken die Fersen fest nach unten, während sich der Scheitel möglichst kräftig nach oben reckt, sodass Hunderte von Meridianen in deinem ganzen Körper durch das Ziehen geöffnet werden. Danach muss man die Spannung auf einmal lösen. Nach dem Dehnen entspannt man sich auf einen Schlag. Dadurch wird der Körper komplett geöffnet. Natürlich werden wir dir den Energiemechanismus und auch andere Arten von Mechanismen einsetzen. Die Arme müssen sich langsam und kraftvoll bis zum Endpunkt ausstrecken und dehnen. In der taoistischen Schule spricht man von drei Yin- und drei Yang-Meridianen. Doch gibt es nicht nur drei Yin-Meridiane und drei Yang-Meridiane. In den Armen liegen kreuz und quer Hunderte von Meridianen, die geöffnet werden müssen. Sie alle werden durch das Dehnen geöffnet. Wir zielen darauf ab, alle Meridiane von Anfang an zu öffnen. Bei den normalen Kultivierungsschulen, wo das Üben des Qi noch nicht dazuzählt, beginnt die echte Kultivierung zudem damit, dass Hunderte von Meridianen zuerst durch einen einzigen Meridian in Bewegung gebracht werden. Man braucht viel Zeit, sogar viele Jahre, bis auf diese Weise alle Meridiane geöffnet sind. Bei uns wird gleich am Anfang das Öffnen von allen Meridianen erreicht. Deshalb praktizieren wir schon zu Beginn auf einer sehr hohen Ebene. Alle müssen diesen Kernpunkt gut beherrschen.
Ich erkläre noch einmal die Stehhaltung. Die Füße stehen schulterbreit auseinander. Man soll ganz natürlich stehen. Es ist nicht erwünscht, dass die Füße parallel stehen, weil unsere Schule nichts mit der Kampfkunst zu tun hat. Die Stehhaltungen von vielen anderen Schulen entstammen dem "Pferdeschritt" aus der Kampfkunst. In der buddhistischen Schule wird jedoch Wert auf die umfassende Erlösung aller Wesen gelegt. Deshalb soll man die Energie nicht immer in sich verschließen. Die Beine bleiben leicht gebeugt, wobei Knie und Becken entspannt sind. Beim leicht gebeugten Bein sind die Meridiane durchlässig. Wenn man mit durchgedrückten Knien dasteht, sind die Meridiane steif und nicht durchlässig. Der Körper richtet sich auf und entspannt sich von innen nach außen, ohne zu erschlaffen. Der Kopf wird ebenfalls aufrecht gehalten.
Alle fünf Übungen sollen mit geschlossenen Augen praktiziert werden. Beim Lernen musst du jedoch die Augen offen halten, um zu prüfen, ob du deine Bewegungen korrekt ausführst. Wenn du die Übungen dann beherrschst, sollst du sie mit geschlossenen Augen praktizieren. Die Zunge muss den oberen Gaumen berühren. Obere und untere Zahnreihe beißen nicht aufeinander, und der Mund bleibt geschlossen. Warum muss die Zunge den oberen Gaumen berühren? Wie alle wissen, wird bei echten Kultivierungsübungen nicht nur der Außenhimmelskreis auf der Oberfläche in Bewegung gebracht. Alle kreuz und quer im Körperinneren liegenden Meridiane bewegen sich ebenfalls. Es gibt nicht nur Meridiane an der Körperoberfläche, sondern auch in den inneren Organen, sogar im Zwischenraum zwischen den inneren Organen. Der Mundraum ist hohl und benötigt die Zunge als Brücke, um den Energiefluss bei der Bewegung der Meridiane zu verstärken. Somit kann die Energie über die Zunge durchfließen. Der geschlossene Mund dient als äußere Überbrückung, damit die Energie an der Hautoberfläche durchfließt. Warum sollen die Zahnreihen nicht aufeinanderbeißen? Wären die Zähne fest zusammengebissen, würde die zirkulierende Energie dazu führen, dass die Zähne noch fester zusammengepresst werden. Die Stellen, die nicht entspannt sind, werden nicht ausreichend geläutert. Eine Stelle, die sehr angespannt ist, wird zum Schluss übergangen. Sie wird nicht geläutert und entwickelt. Wenn die Zahnreihen sich nicht berühren, kann diese Körperzone sich auch entspannen.
Das waren die Grundanforderungen der Übungen. Wir erklären zunächst drei Übergangsbewegungen, die auch später in anderen Übungen vorkommen werden.
Bei der Heshi-Position befinden sich die Arme in einer geraden Linie. Die Arme sind angehoben, damit die Achselhöhlen frei bleiben. Andernfalls werden die Energiekanäle zugedrückt. Die Fingerspitzen bleiben vor der Brust. Sie dürfen weder vor dem Gesicht gehalten werden noch den Körper berühren. Die Handballen liegen aufeinander, während ein Hohlraum zwischen den Händen entsteht. Merkt euch diese Bewegung. Diese Bewegung kommt immer wieder vor.
Die Arme sollen angehoben werden. Bei den Übungen müssen die Arme aus gutem Grund angehoben werden: Wenn die Achselhöhlen nicht frei sind, werden die Energiekanäle zugedrückt, und die Energie kann nicht durchfließen. Bei dieser Bewegung befindet sich die linke Hand der Männer (und die rechte Hand der Frauen) an der Innenseite. Der Abstand zwischen den Händen ist eine Handkante breit. Die Hände sollen nicht miteinander in Berührung kommen. Der Abstand zwischen der Hand und dem Körper ist zwei Handkanten breit. Die Hand darf den Körper ebenfalls nicht berühren. Warum? Weil wir alle wissen, dass es viele Innen- und Außenkanäle gibt. In unserer Kultivierungsschule werden diese Kanäle, insbesondere der Laogong-Punkt in der Hand, durch den Falun geöffnet. Eigentlich ist der Laogong-Punkt ein Feld, das sich in jeder Existenzform des Körpers in allen Räumen befindet. Er existiert nicht nur als Laogong-Punkt des physischen Körpers. Sein Feld ist sehr groß. Es ist sogar größer als die Fläche deiner physischen Hand. Alles muss geöffnet werden. Bei uns wird er durch den Falun geöffnet. Der Falun dreht sich auf beiden Händen. Deshalb sollen die Hände nicht miteinander in Berührung kommen. Nach der Übung, beim Überkreuzen der Hände vor dem Unterbauch, ist die Energie in den Händen äußerst stark. Der andere Zweck des Überkreuzens der Hände vor dem Unterbauch besteht darin, den Falun in deinem Unterbauch und dein Elixierfeld zu verstärken. Auf diesem Elixierfeld werden Tausende und aber Tausende von Dingen entstehen.
Es gibt noch eine weitere Bewegung zu besprechen. Sie wird "Jie Ding Yin" genannt, abgekürzt: Jieyin. In der Jieyin-Position liegen die Hände nicht einfach aufeinander. Die Daumenspitzen berühren sich in einem Bogen, und die Daumen bilden mit den unteren Fingern ein Oval. Die Finger liegen dicht beieinander. Die Finger der unteren Hand liegen zwischen den Fingern der oberen Hand. Bei der Jieyin-Position liegt die linke Hand der Männer (und die rechte Hand der Frauen) oben. Warum? Weil die Männer einen puren Yang-Körper und die Frauen einen puren Yin- Körper haben. Männer sollen Yang zügeln und Yin entwickeln, während Frauen Yin zügeln und Yang entwickeln sollen, um Yin und Yang auszugleichen. Das ist auch der Grund, warum die Bewegungen von Männern und Frauen manchmal unterschiedlich sind. Bei der Jieyin-Position müssen die Arme auf jeden Fall angehoben werden. Allgemein bekannt ist das Elixierfeld. Der Mittelpunkt des Elixierfeldes - und gleichzeitig der Mittelpunkt unseres Falun - befindet sich zwei Daumen breit unterhalb des Bauchnabels. Aus diesem Grund muss die Jieyin-Position etwas niedriger liegen, damit der Falun gehalten wird. Manche Leute entspannen die Hände, die Beine jedoch nicht. Die Beine sollen aber ebenfalls entspannt sowie gestreckt und gedehnt werden.