5. Wider den Eigensinn

Eigensinn bedeutet, daß der Praktizierende sich so an gewisse Dinge oder ein gewisses Ziel gebunden hat und daß er sie nicht lassen kann. Seine Sehnsucht ist so übermäßig, daß er nicht mehr davon loskommen kann. Er ist zu eigensinnig, um auf Ratschläge anderer zu hören. Manche Leute trachten nach allen Kultivationsfunktionen auf der Welt. Das wird ihn folgerichtig bei der Kultivation auf die hohe Ebene beeinträchtigen. Je mehr sie diese Kultivationsfunktionen haben wollen, desto schwieriger ist es, darauf zu verzichten, und desto mehr verlieren sie ihr psychologisches Gleichgewicht. Zum Schluß werden sie meinen, daß sie nichts dabei bekommen hätten. Sie werden daran zweifeln, was sie schon erlernt haben. Der Eigensinn kommt aus der Begierde. Seine Besonderheiten sind, daß das Ziel oder der Zweck ganz klar und konkret, aber offensichtlich beschränkt ist, wessen sich der Praktizierende aber normalerweise nicht bewußt ist. Der Eigensinn eines normalen Menschen kommt auf verschiedenen Gebieten zum Ausdruck. Um ein gewisses Ding in die Hand zu bekommen und dieses Ziel zu erreichen, wollen sie nichts unversucht lassen. Aber der Eigensinn eines Praktizierenden kommt auf andere Weise zum Ausdruck, z.B. nach gewissen Kultivationsfunktionen zu trachten, sich gewissen Anblicken zu ergeben und darauf versessen zu sein, etwas zur Schau zu stellen. Das ist für einen Praktizierenden nie richtig, gleich, wonach er auch trachtet. Er muß diesen Eigensinn loswerden. Die Taoisten legen großen Wert auf Nichtigkeit, und die Buddhisten legen großen Wert auf die Leerheit. Zum Schluß werden wir die Nichtigkeit und die Leerheit erreichen, indem wir allen Eigensinn ablegen, auf den ein normaler Mensch nicht verzichten kann. Nehmen wir das Trachten nach den Kultivationsfunktionen als Beispiel. Wenn du danach trachtest, verfolgst du damit sicherlich das Ziel, sie zu verwenden. In der Tat läuft das schon den Eigenschaften des Kosmos zuwider und stellt ein Problem der Xinxing dar. Du möchtest sie haben, weil du sie vor der Öffentlichkeit zeigen willst, um die Bewunderung der Öffentlichkeit zu bekommen. Aber diese Dinge sind nicht dazu da, anderen zu zeigen. Du magst aus reiner Motivation damit etwas Gutes tun. Aber es muß auch nicht unbedingt eine gute Sache sein, wenn du die gute Tat unter den normalen Menschen mit den übernatürlichen Mitteln ins Werk setzt. Manche Leute haben in dem Kurs von mir gehört, daß siebzig Prozent der Kursteilnehmer ihr Tianmu geöffnet haben. Dann dachten sie: "Warum habe ich das nicht bekommen?" Bei dem Praktizieren zu Hause konzentrierten sie sich auf das Tianmu, wobei sie sogar Kopfschmerzen bekamen. Schließlich konnten sie aber dennoch nichts sehen. Das ist eine Art Eigensinn. Die Menschen unterscheiden sich in ihrer Kondition und ihren angeborenen Qualitäten. So ist es unmöglich, daß alle Leute gleichzeitig ein Tianmu bekommen, das auf der gleichen Stufe liegt. Es ist ganz normal, daß manche mit dem Himmelsauge sehen können, und manche nicht.

Der Eigensinn kann die Kultivationspotenz des Praktizierenden stagnieren oder unstet werden lassen. Er kann den Praktizierenden sogar dazu führen, von dem richtigen Weg abzuweichen. Besonders mit manchen Kultivationsfunktionen kann einer, der mit einer schlechten Xinxing ausgestattet ist, Schlechtes tun. Es gibt Beispiele dafür, daß jemand wegen der schlechten Xinxing Schlechtes getan hat. Ein Universitätsstudent hatte die Fähigkeit zur Gedankenkontrolle entwickelt. Diese Kultivationsfunktion kann dazu benutzt werden, mit seinem Denken die Gedanken anderer zu steuern. Und er benutzte diese Funktion, um Schlechtes zu tun. Manche Praktizierende bekommen bei ihrer Praxis Visionen zu sehen. Nun wollen sie unbedingt sehen, was sie sind und was tatsächlich passiert ist. Das ist auch eine Art Eigensinn. Manche Leute haben gewisse Vorlieben, die sie nicht loswerden können. Das ist auch eine Art Eigensinn. Wegen angeborener Qualitäten und verschiedener Zielsetzungen wollen manche Praktizierende das höchste Ziel der Kultivation erreichen, und manche praktizieren nur deshalb, weil sie etwas bekommen wollen. Die letzteren haben sicherlich ein beschränktes Ziel bei ihrer Kultivation. Wenn diese Art Eigensinn nicht überwunden wird, kann ihre Kultivationsenergie nicht wachsen, auch wenn sie viel üben. Deshalb muß ein Praktizierender alle materiellen Interessen sehr leicht nehmen, nach nichts trachten und sich in Übereinstimmung mit der Natur kultivieren. Auf diese Weise kann man den Eigensinn vermeiden. Es kommt alles auf die Xinxing des Praktizierenden an. Wenn die Xinxing nicht von Grund auf verbessert und der Neid beseitigt wird, kann der Praktizierende keine Perfektion der Kultivation erreichen.