3.4. Den Neid beseitigen

Neid ist ein äußerst großes Hindernis für das Praktizieren und hat einen sehr großen Einfluss auf die Praktizierenden. Er kann die Kraft der Gong-Energie der Praktizierenden direkt beeinflussen. Aus Neid kann man den anderen Kultivierenden schaden. Neid stört unsere Kultivierung nach oben ernsthaft. Ein Praktizierender muss seinen Neid hundertprozentig beseitigen. Mancher hat beim Praktizieren eine gewisse Ebene erreicht, kann aber seinen Neid einfach nicht aufgeben. Manchen ist es nicht gelungen, den Neid zu beseitigen. Je länger dieser Prozess dauert, desto einfacher wird es für den Neid, stärker zu werden. Das macht seine Xinxing, die er schon in vieler Hinsicht erhöht hat, sehr zerbrechlich. Warum komme ich speziell auf den Neid zu sprechen? Weil sich der Neid unter den Chinesen am stärksten und auffälligsten zeigt. In den Gedanken der Menschen hat er einen großen Anteil, aber vielen ist das nicht bewusst. Im Osten ist der Neid etwas Spezielles. Er wird östlicher Neid oder asiatischer Neid genannt. Die Chinesen sind sehr introvertiert und zurückhaltend. Sie lassen sich so leicht nichts anmerken. So entsteht leicht der Neid. Alles hat zwei Seiten, diese Introvertiertheit hat sowohl Vorteile als auch Nachteile. Die Menschen im Westen sind dagegen relativ extrovertiert. Wenn zum Beispiel ein Schulkind bei einer Schularbeit eine Eins bekommen hat, dann rennt es voller Freude nach Hause und ruft dabei: „Ich habe eine Eins bekommen!“ Die Nachbarn öffnen die Türen oder die Fenster und gratulieren ihm: „Gratuliere, Tom!“ Sie freuen sich für das Kind. Wenn das aber in China geschieht, kann man sich schon vorstellen, was für eine starke Abneigung hervorgerufen wird, und sobald man es hört, würden die Leute sagen: „Was ist denn schon besonderes dabei, eine Eins zu bekommen? Was gibt es denn da anzugeben?!“ Die Reaktion ist also ganz anders. Sie sind neidisch.

Ein neidischer Mensch schaut gerne auf andere herunter, kann es nicht dulden, wenn ihn andere übertreffen und will seine Unterlegenheit nicht eingestehen. Wenn er sieht, dass es den anderen besser geht, fühlt er sich im Inneren unausgeglichen und kann das nicht ertragen. Wenn andere den Lohn erhöht bekommen haben, will er seinen Lohn auch erhöht bekommen. Wenn andere eine Prämie bekommen haben, will er auch den gleichen Betrag haben. Und er denkt „wenn die Welt untergeht, dann sitzen wir ja auch alle zusammen in der Klemme“. Sobald er sieht, dass andere mehr verdienen, wird er neidisch. Jedenfalls kann er es nicht dulden, wenn ihn jemand übertrifft. Manche haben Erfolg bei ihren wissenschaftlichen Forschungen, wagen aber nicht, die Prämien dafür anzunehmen, sie haben Angst vor dem Neid der anderen; manche werden mit einer Ehrung ausgezeichnet, wagen aber nicht, anderen davon zu erzählen. Sie haben Angst vor dem Neid und Spott. Manche Qigong-Meister fühlen sich im Herzen unwohl, wenn sie sehen, dass andere Qigong-Meister Kurse geben, dann gehen sie hin und stiften Unruhe. Das ist eine Frage der Xinxing. Stellt euch vor, dass in einer Gruppe, die Qigong-Übungen macht, manch einer, der noch nicht lange geübt hat, trotzdem schon übernatürliche Fähigkeiten bekommt. Wenn mancher andere das sieht, würde er sagen: „Was gibt es denn da anzugeben? Ich habe schon jahrelang Qigong praktiziert und habe einen ganzen Stapel von Zertifikaten. Aber ich habe noch keine übernatürlichen Fähigkeiten bekommen, wie kann der dann schon welche bekommen haben?“ So kommt der Neid hoch. Beim Praktizieren soll man nach Innen schauen, man soll mehr sich selbst kultivieren und die Gründe bei sich selbst suchen. Wenn man es in irgendeiner Hinsicht nicht gut genug gemacht hat, soll man sich anstrengen, um sich zu erhöhen, dabei soll man sich Mühe geben. Wenn du aber immer nur auf die Fehler der anderen achtest und willst, dass sie sich verbessern, würden sich dann nicht irgendwann die anderen gut kultiviert haben und nach oben kommen? Du aber bleibst noch an derselben Stelle. Ist dann für dich nicht alles umsonst gewesen? Bei der Kultivierung muss man doch sich selbst kultivieren!

Aus Neid kann einer auch den anderen Kultivierenden schaden. Er kann zum Beispiel etwas sagen, das andere schlecht macht oder beleidigt, sodass das Herz der anderen nicht zur Ruhe kommen kann; wenn so eine Person gewisse übernatürlichen Fähigkeiten bekommen würde, würde er damit vielleicht aus Neid den anderen Kultivierenden schaden. Ein sehr guter Kultivierender meditierte zum Beispiel. Weil er Gong-Energie am Körper hatte, saß er dort wie ein Berg. Da schwebten zwei Lebewesen auf ihn zu. Einer war früher ein Mönch gewesen. Aber wegen des Neides konnte er seine geistige Ebene nicht mehr weiter erhöhen und obwohl er eine gewisse Kraft des Gong hatte, ist er nicht zur Erleuchtung gekommen. Als sie an dem Meditierenden vorbeikamen, sagte der eine: „Das ist XY, der meditiert. Machen wir lieber einen Umweg.“ Der andere sagte aber: „Ich habe einmal mit einem Schlag der Hand einen Felsbrocken vom Tai-Gebirge abgeschlagen.“ Dann hob er die Hand und wollte auf den Praktizierenden einschlagen. Als er aber die Hand hoch hob, konnte er sie nicht mehr bewegen. Denn der Praktizierende kultivierte ein orthodoxes Fa und hatte einen Schutzschirm. So konnte er ihn nicht schlagen. Er wollte jemanden verletzen, der einen rechtschaffenen Weg ging. Die Sache war sehr ernst und er wurde bestraft. Neidische Menschen schaden sowohl sich selbst als auch anderen.