7. Orthodoxes Fa und häretisches Fa

7.1 Nebenschulen und linke Wege

Nebenschulen und linke Wege werden auch sonderbare Kultivierungswege genannt. Bevor es die Religionen gab, existierten schon verschiedene Qigong-Schulen. Viele Kultivierungswege, die sich außerhalb der Religionen befanden, werden im Volk weitergegeben. Die meisten von ihnen sind nicht zu einem vollständigen Kultivierungssystem geworden, bei ihnen gibt es keine vollständige Theorie, während es bei den sonderbaren Kultivierungswegen systematische und vollständige Methoden zur speziellen und intensiven Kultivierung gibt. Sie werden auch im Volk überliefert. Solche Kultivierungswege werden normalerweise Nebenschulen und linke Wege genannt. Warum werden sie so genannt? Von den Worten her bedeutet "Nebenschule" eine sonderbare Tür öffnen, und "linke Wege" bedeutet ungeschickt. Die Menschen halten die Kultivierungsmethoden des buddhistischen und des taoistischen Systems für orthodoxes Fa, und alle anderen Kultivierungswege für Nebenschulen und linke Wege oder für häretisches Fa. Eigentlich ist das nicht so. Bei jeder Generation wurden Nebenschulen und linke Wege im geheimen kultiviert und an einen einzigen Nachfolger weitergegeben. Sie dürfen nicht in der Öffentlichkeit gezeigt werden. Wenn sie offen verbreitet wären, könnten die Menschen sie nicht so gut verstehen. Die von den Nebenschulen und linken Wegen sagen auch selbst, dass ihre Kultivierungswege weder buddhistisch noch taoistisch sind. Bei ihren Kultivierungsmethoden werden strenge Anforderungen an die Xinxing gestellt. Es wird nach den kosmischen Eigenschaften kultiviert und man spricht davon, Wohltaten zu begehen und die Xinxing zu bewahren. Die hochkultivierten Menschen dort haben alle außerordentliche Fähigkeiten, manche eigentümliche Fähigkeiten sind auch sehr bewundernswert. Ich bin drei hochkultivierten Menschen aus den sonderbaren Schulen begegnet. Sie haben mir etwas beigebracht, was weder im buddhistischen noch im taoistischen System zu finden ist. So etwas ist relativ schwer zu kultivieren, die Kultivierungsenergie, die durch das Praktizieren entsteht, ist auch sehr eigentümlich. Im Gegensatz dazu fehlen bei manchen sogenannten buddhistischen oder taoistischen Kultivierungswegen, die heute verbreitet sind, die strengen Anforderungen an die Xinxing, und so kann man sich dort nicht hoch kultivieren. Deshalb soll man die Kultivierungswege verschiedener Schulen von beiden Seiten betrachten.

7.2 Kampfkunst-Qigong

Kampfkunst-Qigong ist über einen sehr langen geschichtlichen Zeitraum hinweg entstanden. Es beinhaltet ein vollständiges theoretisches System und eine vollständige Kultivierungsmethode. Es ist zu einem selbständigen System geworden. Aber strenggenommen ist Kampfkunst- Qigong nur eine Verkörperung der Kultivierungsfähigkeiten, die bei den Wegen der inneren Kultivierung auf niedrigsten Ebenen auftauchen. Alle Kultivierungsfähigkeiten, die bei der Kultivierung der Kampfkunst auftauchen, werden bei der inneren Kultivierung auftauchen. Auch die Kultivierung des Kampfkunst-Qigong fängt mit dem Üben des Qi an. Beim Schlagen auf einen Stein zum Beispiel muss man anfangs die Arme schwingen, um das Qi zu bewegen. Mit der Zeit wird das Qi eine qualitative Änderung erfahren und es werden Energiemassen entstehen, die wie eine Art Licht aussehen. Wenn ein solches Niveau erreicht ist, wird die Kultivierungsenergie wirken. Denn die Kultivierungsenergie ist eine Substanz auf hohen Ebenen mit Intelligenz, sie wird vom Denken des Gehirns kontrolliert und existiert in einem anderen Raum. Beim Schlagen braucht man das Qi nicht mehr zu bewegen. Sobald man daran denkt, entfaltet sich die Kultivierungsenergie. Während der Kultivierung wird die Kultivierungsenergie immer stärker, ihre Körnchen immer feiner und die Energiemenge immer größer. Dann werden die Fähigkeiten wie "Eisensand- Hand" und "Zinnober-Hand" auftauchen. Im Fernsehen, Kino und in den Zeitschriften ist zu sehen, dass in den letzten Jahren auch solche Fähigkeiten wie "Schutzschirm der goldenen Glocke" und "Hemd aus eisernem Stoff" aufgetaucht sind. Diese entstehen dadurch, dass zugleich mit der inneren Kultivierung die Kampfkunst kultiviert wird, man kultiviert sich sowohl innerlich als auch äußerlich. Bei der inneren Kultivierung muss man Wert auf Tugend legen und die Xinxing kultivieren. Theoretisch gesehen, wenn die Fähigkeiten eines Menschen ein gewisses Niveau erreicht haben, geben sie die Kultivierungsenergie vom Inneren ihres Körpers her ab; sie werden nach außen abgegeben. Weil ihre Dichte groß ist, bildet sich ein Schutzschirm. Der größte Unterschied zwischen Kampfkunst-Qigong und unserer inneren Kultivierung liegt theoretisch darin, dass Kampfkunst in heftigen Bewegungen praktiziert wird und man dabei nicht zur Ruhe kommt. Da man nicht zur Ruhe kommt, fließt das Qi unter die Haut und durch die Muskeln, es fließt nicht ins Elixierfeld. Deshalb wird der Körper nicht kultiviert, der Körper kann auch nicht kultiviert werden.

7.3 Rückwärtskultivierung und das Borgen von Kultivierungsenergie

Manche haben kein Qigong praktiziert, haben aber plötzlich über Nacht Kultivierungsenergie bekommen, und das sehr heftig. Sie können auch noch Kranke behandeln. Die Menschen nennen sie Qigong- Meister, und sie lehren auch die anderen; manche haben noch nicht einmal einen Kultivierungsweg gelernt oder haben nur einige Bewegungen gelernt. Sie haben diese Bewegungen ein bisschen verändert und bringen sie dann so den anderen bei. Diese Menschen können nicht als Qigong-Meister betrachtet werden. Sie haben auch nichts, was sie anderen weitergeben können.

Das, was sie den anderen beibringen, kann wirklich nicht zur Kultivierung zu hohen Ebenen dienen, höchstens zur Krankheitsbeseitigung und Gesundheitserhaltung. Woher kommt diese Art Kultivierungsenergie? Zuerst will ich über die Rückwärtskultivierung sprechen. Die sogenannte Rückwärtskultivierung bezieht sich auf die sehr guten Menschen mit einer äußerst hohen Xinxing, sie sind normalerweise schon alt, über 50 Jahre alt. Die Zeit reicht für sie nicht aus, sich von Anfang an zu kultivieren. Es ist nicht so leicht, einen hochkultivierten Meister der Doppelkultivierung von Körper und Geist zu treffen. Sobald dieser Mensch praktizieren will, gibt ihm sein Meister auf der Grundlage seiner Xinxing sehr hohe Energie. Er kultiviert sich von oben nach unten auf eine umgekehrte Weise, und so geht es viel schneller. Der Meister wandelt in der Höhe Energie um und lässt ihm ununterbrochen Energie von außen zukommen. Besonders, wenn er Kranke behandelt oder Kurse gibt, wird die Energie, die der Meister ihm gibt, wie mit Leitungen übertragen und zu ihm befördert. Manche dieser Menschen wissen selbst auch nicht, woher die Energie kommt. Das ist die Rückwärtskultivierung.

Eine andere Form ist das Borgen von Kultivierungsenergie. Dabei gibt es keine Altersbeschränkung. Neben dem Hauptbewusstsein existiert beim Menschen noch das Nebenbewusstsein. Normalerweise ist die Ebene des Nebenbewusstseins höher als die des Hauptbewusstseins. Die Ebene des Nebenbewusstseins mancher Menschen ist sehr hoch, sodass es Kontakt mit Erleuchteten aufnehmen kann. Wenn diese Menschen praktizieren wollen, nimmt es sofort Kontakt mit großen Erleuchteten auf, um Kultivierungsenergie zu borgen, denn auch das Nebenbewusstsein will seine Ebene erhöhen. Nachdem die Kultivierungsenergie geborgt wurde, bekommen auch diese Menschen über Nacht Kultivierungsenergie. Danach können sie auch Kranke behandeln und von ihren Schmerzen befreien. Normalerweise verwenden sie dabei die Methode, eine Versammlung zu veranstalten. Sie können auch Energie an einzelne Menschen abgeben oder ihnen einige Techniken beibringen.

Normalerweise sind solche Menschen zu Anfang sehr gut. Nachdem sie Kultivierungsenergie bekommen haben, werden sie berühmt; Ruhm und Reichtum, beides haben sie gewonnen. Ruhm und Reichtum nehmen einen verhältnismäßig großen Teil ihres Denkens ein und stehen an höherer Stelle als das Praktizieren des Kultivierungsweges. Dann fällt ihre Kultivierungsenergie herunter, die Kultivierungsenergie wird immer geringer, zum Schluss haben sie nichts mehr.

7.4 Kosmische Sprachen

Manche können plötzlich eine Sprache sprechen, und das ganz fließend. Aber es ist keine Sprache der menschlichen Gesellschaft. Was ist es? Eine kosmische Sprache. Die sogenannten kosmischen Sprachen sind lediglich die Sprachen der Lebewesen, deren Ebene nicht sehr hoch ist. Heute gibt es unter den Qigong-Übenden in China nicht wenige Menschen, bei denen so etwas vorkommt, manche von ihnen können sogar verschiedene Sprachen sprechen. Natürlich, die Sprachen unserer menschlichen Gesellschaft sind auch sehr kompliziert; es gibt mehr als tausend Sprachen. Zählen die kosmischen Sprachen zu den Kultivierungsfähigkeiten oder nicht? Ich sage nein. Es sind weder die Kultivierungsfähigkeiten, die man an sich hat, noch die, die man von außen bekommt. Die kosmischen Sprachen werden von einer Art Lebewesen, das von außen kommt, gesteuert. Die Ebene, von der diese Lebewesen stammen, ist etwas höher, zumindest etwas höher als die unserer Menschheit. Es sind diese Lebewesen, die sprechen. Diejenigen, die kosmische Sprachen sprechen, dienen nur als Sprachrohr. Die meisten dieser Menschen wissen selbst auch nicht, wovon sie denn reden. Nur diejenigen mit der Kultivierungsfähigkeit "Gedanken lesen" können die ungefähre Bedeutung erfahren. Denn die kosmischen Sprachen sind keine Kultivierungsfähigkeiten; nachdem manche eine kosmische Sprache gesprochen haben, sind sie von sich selbst begeistert. Sie sind sehr eingebildet und halten die kosmischen Sprachen für Kultivierungsfähigkeiten. In Wirklichkeit können diejenigen, deren Himmelsauge sich auf hohen Ebenen befindet, mit Sicherheit sehen, dass es ein Lebewesen schräg über dem Sprecher gibt und dass es durch den Mund des Sprechers spricht.

Es bringt dem Sprecher kosmische Sprachen bei und gibt ihm gleichzeitig auch etwas Kultivierungsenergie. Aber von da an steht dieser Mensch unter seiner Kontrolle. Das ist dann kein orthodoxes Fa. Du siehst zwar, dass sich dieses Lebewesen in einem etwas höheren Raum befindet, aber es hat sich nicht mit dem orthodoxen Fa kultiviert. Deshalb weiß es auch nicht, wie es die Kultivierenden lehren kann, Krankheiten zu beseitigen und Gesundheit zu erhalten. So benutzt es die Methode, Energie durch Sprechen abzugeben. Weil diese Energie eine streuende Energie ist mit sehr schwacher Kraft, kann sie auf manche leichte Krankheiten eine gewisse Wirkung ausüben. Gegenüber den schweren Krankheiten ist sie jedoch machtlos. Im Buddhismus wird gesagt: Die Menschen im Himmel haben weder Leiden zu ertragen noch Konflikte miteinander; sie können sich nicht kultivieren und haben keine Gelegenheit sich zu stählen, so können sie ihre Ebene nicht erhöhen. Deshalb haben sich diese Lebewesen eine Methode ausgedacht, um den Menschen bei der Krankheitsbeseitigung und Gesundheitserhaltung zu helfen, damit sie sich ein bisschen erhöhen können. Das sind die kosmischen Sprachen. Die kosmischen Sprachen sind weder Kultivierungsfähigkeiten noch Qigong.

7.5 Besessenheit

Unter den Besessenheiten ist die Besessenheit durch niedrige Geister besonders schädlich. Das alles wird durch die Kultivierung des häretischen Fa herbeigeführt. Das schadet den Menschen sehr. Die Folgen für diejenigen, an die sich die Besessenheit anheftet, sind ganz furchtbar. Manch einer hat kaum Qigong geübt, und schon will er immer nur Kranke behandeln und dadurch reich werden. Dafür zerbricht er sich den Kopf. Eigentlich ist dieser Mensch sehr gut, oder er hat schon einen Meister, der sich um ihn kümmert. Aber wenn er immer daran denkt, Kranke zu behandeln und dadurch zu Reichtum zu kommen, ist es sehr schlimm, und er wird Besessenheit herbeiführen. Sie befindet sich nicht in unserem materiellen Raum, existiert aber tatsächlich.

Plötzlich hat dieser Qigong-Übende das Gefühl, dass sein Himmelsauge geöffnet ist und er Kultivierungsenergie bekommen hat. In Wirklichkeit steuert die Besessenheit sein Gehirn. Die Bilder, die die Besessenheit gesehen hat, werden in seinem Gehirn widergespiegelt, sodass dieser das Gefühl hat, dass sein Himmelsauge geöffnet ist. In Wirklichkeit ist es überhaupt nicht geöffnet. Warum will ihm die Besessenheit Kultivierungsenergie geben? Warum will sie ihm helfen? Weil es in diesem unserem Kosmos Tieren nicht erlaubt ist, sich erfolgreich zu kultivieren; die Tiere legen keinen Wert auf die Xinxing, sie können sich nicht erhöhen, so ist es ihnen nicht erlaubt, das orthodoxe Fa zu erhalten. Deshalb will das Tier sich an den Körper eines Menschen heften, um die Essenz des menschlichen Körpers zu bekommen. Im Kosmos gibt es noch einen weiteren Grundsatz, der heißt: Ohne Verlust kein Gewinn. So befriedigt die Besessenheit dein Verlangen nach Ruhm und persönlichen Vorteilen, sie lässt dich reich werden und Ruhm erlangen. Sie hilft dir aber nicht umsonst. Sie will auch etwas bekommen, sie will die Essenz deines Körpers haben. Wenn sie dich verlässt, hast du nichts mehr, du bist dann sehr schwach oder wirst dahinvegetieren! Das wird dadurch herbeigeführt, dass die Xinxing nicht aufrichtig ist. Ein Orthodoxes besiegt hundert Häretische. Wenn dein Herz sehr aufrichtig ist, wird kein Häretisches herbeigeführt. Das heißt, du sollst offen und aufrichtig ein Praktizierender sein und kein wirres Zeug haben wollen, du sollst nur das orthodoxe Fa kultivieren.

7.6 Auch das Üben orthodoxer Kultivierungswege kann zum Häretischen führen

Manche lernen zwar einen orthodoxen Kultivierungsweg, aber weil sie dabei keine strengen Anforderungen an sich selbst stellen, keinen Wert auf die Xinxing legen und beim Üben an etwas Schlechtes denken, üben sie unbewusst häretisches Fa. Wenn jemand zum Beispiel Pfahlstellung oder Meditation im Lotussitz übt, ist dieser Mensch zwar beim Üben, aber er denkt eigentlich an Geld, Ruhm und persönliche Vorteile. Er denkt: Jemand ist nicht gut zu mir; wenn ich Kultivierungsfähigkeiten bekomme, kann ich ihn bestrafen. Oder er denkt an diese oder jene Kultivierungsfähigkeit und so weiter, so hat er etwas Schlechtes in seine Kultivierungsenergie eingemischt, in Wirklichkeit übt er schon häretisches Fa. Das ist sehr gefährlich. So kann er etwas Schlechtes herbeiführen, wie zum Beispiel die niedrigen Geister. Vielleicht weiß er selbst auch nicht, dass er so etwas herbeigeführt hat. Denn sein Eigensinn ist zu stark, es geht nicht, das Tao mit einem strebenden Herzen zu lernen. Wenn sein Herz nicht aufrichtig ist, kann ihn sein Meister auch nicht beschützen. Deshalb sollen die Praktizierenden die Xinxing unbedingt gut bewahren, ein aufrichtiges Herz haben und nach nichts streben, sonst könnte es Probleme geben.